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25.10.2012 • Aus für den Pritzwalker Streckenstern?

Im Frühjahr 2012 hatte Brandenburgs Verkehrsminister Jörg Vogelsänger (SPD) angekündigt, dass alle Strecken, auf denen täglich weniger als 500 Reisende unterwegs sind, auf den Prüfstein gehören – und notfalls sogar gestrichen werden müssten. Die Prignitz-Linien von Pritzwalk nach Meyenburg und Neustadt (Dosse) zählen zu den am schwächsten genutzten des Landes, nirgendwo sonst sitzen weniger Fahrgäste in den Zügen. Schnell war die halbe Region in Aufruhr, sollten beide Strecken doch noch 2012 im Direktverfahren vergeben oder – möglicherweise – eingestellt werden. Jetzt sind die Nahverkehrsleistungen ab 9. Dezember 2012 im Wettbewerb ausgeschrieben, allerdings nur bis Ende 2014. Der neue Betreiber soll nach Angaben einer Sprecherin des für die Vergabe zuständigen Verkehrsverbunds Berlin-Brandenburg (VBB) Mitte November feststehen. Ab 2015 würde schließlich das so genannte Netz Nordwestbrandenburg zur langfristigen Vergabe anstehen. Darin enthalten ist neben der Ost-West-Achse Berlin-Spandau – Neuruppin West – Pritzwalk – Wittenberge zurzeit die Linie Pritzwalk – Neustadt, nicht aber der Meyenburger Ast. Was in der Prignitz neue Befürchtungen weckt …

Schienenbus in Pritzwalk

Der Pritzwalker Stern gehört zu den wenigen regionalen Bahnnetzen in Deutschland, die von den Stilllegungen vergangener Jahre fast komplett verschont blieben. Bis heute treffen in der 12.500-Einwohner-Stadt die zwischen 1881 und 1896 eröffneten Streckenäste aus Güstrow bzw. Meyenburg, Berlin, Neustadt und Wittenberge zusammen. Ergänzend kommt die Stichstrecke nach Putlitz hinzu, nur zwischen Güstrow und Meyenburg wurde 2006 der Personenverkehr eingestellt. Nach der Wende brachen die Reisendenzahlen teilweise dramatisch ein. Überalterte Gleise zwangen die Züge zu wenig attraktiven Fahrzeiten, zahlreiche Stellwerke und handbediente Bahnübergänge machten den Betrieb personalintensiv und teuer. Genau richtig kam da das Angebot der privaten, im Juni 1996 gegründeten Prignitzer Eisenbahn GmbH (PEG), die – zunächst im Auftrag der Deutschen Bahn – mit gebrauchten Schienenbussen der Baureihe 798 den Verkehr zwischen Pritzwalk und Putlitz übernahm und deutlich günstiger unterwegs ist. Seit Ende 1997 fährt die PEG auf Bestellung des VBB nach Putlitz, seit 1998 auch auf den Linien nach Meyenburg und Neustadt. 2003 wurden die Schienenbusse durch neue Regio-Shuttles von Stadler Pankow ersetzt.

Doch auch unter privater Hand ließ sich der Bahnverkehr zwischen Pritzwalk und Putlitz nicht wirtschaftlich gestalten: Ende 2006 bestellte der VBB die Personenzüge ab. Mit dem Ende der Bahn wollte man sich im 3000-Einwohner-Ort Putlitz aber nicht abfinden – zusammen mit dem Landkreis Prignitz und dem Putlitz-Pritzwalker Eisenbahn-Förderverein e.?V. (PPEFV) wurde ein Konzept zur Verlagerung des Schülerverkehrs auf die Schiene erarbeitet. Zunächst mit Erfolg: Seit dem 27. August 2007 fahren montags bis freitags wieder sechs Zugpaare, an Wochenenden der Bus. Die Zugleistungen werden ohne Bestellung durch den VBB von der Eisenbahngesellschaft Potsdam mbH (EGP) im Auftrag der Verkehrsgesellschaft Prignitz (VGP), einem privaten Busbetreiber, erbracht. Finanziert werden die Fahrten durch Fördermittel für Busersatzverkehre, die seitens der VGP von Bus- auf Bahnleistungen umgeschichtet wurden. Mit Auslaufen der auf fünf Jahre befristeten Förderung sieht sich die VGP aber nicht mehr imstande, den Schienenverkehr über den 9. Dezember 2012 hinaus aufrechtzuerhalten – der Betrieb auf der Putlitzer Strecke wird zum zweiten Mal eingestellt.

Auch den Strecken nach Meyenburg und Neustadt geht es nun möglicherweise an den Kragen: Bei dem zurzeit laufenden Vergabeverfahren handelt es sich um eine funktionale Ausschreibung, bei welcher der neue Betreiber anhand vorgegebener finanzieller Obergrenzen ein Mindestangebot erbringen soll. Abzudecken sind in erster Linie die Schülerverkehre, sodass es möglicherweise nicht beim ganztägigen Zweistundentakt bleibt, was die Strecken für Normalreisende noch weniger attraktiv macht. In eine gesicherte Zukunft scheint allein der kurze Abschnitt Kyritz – Neustadt zu fahren, auf dem es auch heute schon einen Stundentakt gibt. In Neustadt besteht Anschluss an die Strecke Hamburg – Berlin.

Günstiger verläuft die Entwicklung auf der Ost-West-Verbindung Berlin-Spandau – Pritzwalk – Wittenberge. Bis 2005 wurde die Strecke für 144 Millionen Euro saniert und für Geschwindigkeiten von bis zu 120 Stundenkilometer hergerichtet. DB Regio fährt mit der Baureihe 646 als Prignitz-Express täglich im Stundentakt, nur an Wochenenden kommt zwischen Neuruppin West und Wittenberge lediglich alle zwei Stunden ein Zug. Möglicherweise sollen aber auch hier ab 9. Dezember 2012 in den Abendstunden und am Wochenende schwach ausgelastete Verbindungen gestrichen werden.

Den kompletten Artikel lesen Sie in Regionalverkehr 6/2012.
Erscheinungstag: 25.10.2012

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