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20.12.2019 • Der neue FLIRT 3XL

Der neue FLIRT 3XL

Die Neuerungen zum Fahrplanwechsel 2019/20 fielen im Bereich des Verkehrsverbunds Rhein-Ruhr AöR (VRR) besonders umfangreich aus. Für die S-Bahn Rhein-Ruhr gilt jetzt ein 15/30-Minuten-Takt, der den bisherigen 20-Minuten-Takt ersetzt. Auf einem Großteil der Strecken übernahm die Abellio Rail NRW GmbH den Betrieb. Eingesetzt werden neue Elektrotriebzüge vom Typ FLIRT 3XL der Stadler Pankow GmbH, die vom Hersteller in einer neuen Werkstatt in Herne gewartet werden. Nur zwei S-Bahn-Linien werden weiterhin von DB Regio bedient, nachdem der VRR den Verkehrsvertrag mit der Keolis Deutschland GmbH & Co. KG noch vor der Betriebsaufnahme gekündigt hatte.

Stadler Betriebswerk in Herne.

Das Stadler Betriebswerk in Herne.

Abellio im Netz der S-Bahn Rhein-Ruhr

Am 7. Juli 2016 hatte der VRR nach einer europaweiten Ausschreibung zahlreiche Linien im Netz der S-Bahn Rhein-Ruhr sowie mehrere Regionalverkehrsstrecken an Keolis und Abellio vergeben. Keolis hatte das Los 1 mit den Strecken S 1 und S 4 gewonnen, Abellio das Los 2 mit den Verbindungen S 2, S 3, S 9, RB 32, RB 40 und RE 49. Während das Los 1 auf eine Vertragsdauer von zwölf Jahren mit einem Leistungsumfang von zirka 4,8 Millionen Zugkilometern jährlich angelegt war, läuft das Los 2 über 15 Jahre und hat einen Leistungsumfang von rund sieben Millionen Zugkilometern pro Jahr. Im Los 1 kommen wie bisher die S-Bahnen der Baureihe 422 von DB Regio zum Einsatz. Die 48 Triebzüge wurden Ende 2019 vom VRR übernommen und werden dem (neuen) Betreiber zur Verfügung gestellt. Für Los 2 waren Neufahrzeuge vorgeschrieben, die nach dem NRW-RRX-Modell vom VRR beschafft und an Abellio verliehen werden. Der Aufgabenträger entschied sich für 41 drei- und fünfteilige FLIRT 3XL, die über längere Wagenkästen sowie besonders breite Einstiege verfügen.

Mit dem neuen Betriebskonzept an Rhein und Ruhr wurden die Linienwege der S-Bahn teilweise neu geführt. Abellio ist jetzt auf den Verbindungen S 2 (Dortmund – Herne – Essen/Recklinghausen), S 3 (Oberhausen – Essen – Hattingen Mitte), S 9 (Hagen – Wuppertal – Essen – Gelsenkirchen-Buer Nord – Haltern am See), RB 32 (Duisburg – Gelsenkirchen – Dortmund), RB 40 (Essen – Witten – Hagen) und RE 49 (Wesel – Oberhausen – Essen – Wuppertal) unterwegs.

Nicht auf allen Strecken konnte Abellio wie geplant mit den neuen FLIRT 3XL starten. Vom 15. Dezember 2019 bis zum 1. März 2020 vergab das Unternehmen die Leistungen auf der Linie S 3 an den bisherigen Betreiber DB Regio. Der Hintergrund: Für diese Verbindung fehlten Abellio insgesamt 18 Triebfahrzeugführer, sodass der Betrieb nicht von Beginn an mit eigenem Personal erbracht werden konnte. Da die Lokführer der Bahn für den FLIRT nicht geschult sind, kommen weiterhin die DB-eigenen Triebzüge der Baureihe 422 zum Einsatz.

Die neuen Stadler FLIRT 3XL

Für die Leistungen im Los 2 der S-Bahn Rhein-Ruhr beschaffte der Aufgabenträger VRR 17 drei- und 24 fünfteilige Elektrotriebzüge des Typs FLIRT 3XL. Beide Fahrzeugvarianten verfügen in der so genannten XL-Ausführung über längere Wagenkästen und extrabreite Doppeltüren. Gegenüber der Standardausführung mit einer Länge von 15,7 Metern sind die XL-Wagenkästen 17,5 Meter lang, wobei die Türen mit 1,8 Metern rund einen halben Meter breiter als herkömmliche Doppeltüren sind. Auf diese Weise sollen die Züge ein erhöhtes Fassungsvermögen bieten und einen schnellen Fahrgastwechsel sicherstellen, obwohl es pro Wagenseite nur noch zwei Türen (statt drei Türen bei den bisher eingesetzten Fahrzeugen) gibt. Die dreiteiligen Einheiten sind über Kupplung 67,7 Meter lang, die Fünfteiler über Kupplung 106,2 Meter. An den Kopfenden laufen die Endwagen jeweils auf einem eigenen Fahrgestell, untereinander sind die Wagen über Jakobs-Drehgestelle miteinander verbunden. Die redundante Antriebsausrüstung besteht pro Zug aus zwei Antriebssträngen mit je einem Transformator, Stromrichter und zwei Asynchronfahrmotoren. Luftgefederte Fahrwerke sorgen für die erforderliche Laufruhe. Über Voith-Scharfenberg-Kupplungen können bis zu drei Züge im Verband verkehren. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt 160 Stundenkilometer. Ein Fahrerassistenzsystem soll einen besonders energiesparenden Fahrzeugeinsatz ermöglichen.

Blick in den Fahrgastraum des FLIRT 3 XL mit farbenfrohen Sitzen

Die Fahrgasträume sind mit farbenfrohen Sitzen von Kiel ausgestattet, die über Armlehnen und Kopfstützen verfügen.

Verfügung, beim Fünfteiler zehn. Um den Fahrgästen die Orientierung zu erleichtern, sind die Fahrzeuge symmetrisch gestaltet – so sind die unterschiedlichen Mehrzweckbereiche immer an der gleichen Stelle angeordnet: die Rollstuhlstellplätze sowie die barrierefreie WC-Anlage im Mittelwagen und die Stellplätze für Fahrräder und Kinderwagen jeweils an der ersten Tür der beiden Endwagen. Pro Zug können bis zu zwölf Fahrräder mitgenommen werden. Neben der barrierefreien WC-Anlage verfügen die Fünfteiler zudem über eine Standardtoilette in einem der Mittelwagen. In den Niederflurbereichen zwischen den Türen beträgt die Fußbodenhöhe 78 Zentimeter, in den Hochflurbereichen über den Drehgestellen 1,15 Meter. Die Innenräume sind hell und freundlich gestaltet, alle Sitze verfügen über Kopfstützen und Armlehnen. Die Sitze in den 1.-Klasse-Abteilen, die sich jeweils an den Zugenden hinter den Führerständen befinden, sind mit Lederpolstern und extrabreiten Kopfstützen ausgestattet. Auffallend ist die bunte Innen- und Außengestaltung der Züge, die den Farbvorgaben des VRR entspricht. Innen leuchten die gemusterten Sitzpolster in Dunkelblau, Hellblau, Braun, Rot und Gelb, außen sind die Züge in Grün und Weiß lackiert.

FLIRT-Instandhaltung in Herne

Die 41 Triebzüge werden in einer neuen Werkstatt in Herne gewartet. Der Instandhaltungsstützpunkt wurde von Stadler und dem VRR zusammen mit Gästen aus Politik und Wirtschaft am 13. November 2019 mit dem Roll-in eines neuen FLIRT 3XL eröffnet. Auf dem Gelände der ehemaligen Zeche General Blumenthal wird Stadler die Fahrzeugflotte im Auftrag des VRR über einen Zeitraum von 32 Jahren instand halten. Die Investitionen belaufen sich auf rund 35 Millionen Euro.

Auf einer Fläche von 100.000 Quadratmetern entstand seit Mitte 2018 ein komplett neues Betriebswerk. Die Anlage besteht aus einer zweigleisigen Werkstatthalle, einer daran anschließenden Waschhalle mit einem Gleis, zwei Abstellgleisen sowie einem Gleis mit Unterflurradsatzdrehbank. Eines der beiden Werkstattgleise ist mit einer Arbeitsgrube und einem Dacharbeitsstand ausgestattet, sodass gleichzeitig unter, in und auf den Zügen gearbeitet werden kann. Das andere Gleis verfügt über Hebeböcke, damit zum Austausch von Fahrwerken ein kompletter Zug angehoben werden kann. Auf den beiden Abstellgleisen ist Platz für bis zu vier fünfteilige FLIRT 3XL. Insgesamt wurden vier Kilometer Schienen verlegt und 2,7 Kilometer Oberleitung gespannt, die Werkstatt hat inklusive Lager und Büroräumen eine Fläche von 7100 Quadratmetern.

Pro Tag können in Herne bis zu sieben Triebzüge das Serviceprogramm durchlaufen, wobei überwiegend in den Abend- und Nachtstunden gearbeitet wird. Neben der Reinigung der Fahrzeuge und der präventiven Instandhaltung führt Stadler alle Maßnahmen der ergänzenden korrektiven Instandhaltung sowie Unfall- und Vandalismus-Reparaturen und Revisionen durch. Nach den Vorgaben des VRR soll jeder Zug einmal wöchentlich gereinigt und gewaschen werden.

Zunächst startet im neuen Betriebswerk die Instandhaltung von 31 FLIRT 3XL für Abellio. Die übrigen zehn Züge sind für die S 28 Kaarst – Neuss – Düsseldorf – Mettmann (– Wuppertal) bestimmt, die weiterhin von der Regiobahn Fahrbetriebs GmbH betrieben wird. Bis Ende 2020 wird die Strecke abschnittsweise elektrifiziert und über Mettmann hinaus bis nach Wuppertal verlängert. Die ersten FLIRT 3XL im Regiobahn-Design sollen im Lauf des Jahres 2020 ausgeliefert werden.

Notvergabe an DB Regio

Ebenfalls am 15. Dezember 2019 hätte Keolis im Los 1 der S-Bahn Rhein-Ruhr starten sollen, doch am 18. September 2019 kündigte der VRR den Verkehrsvertrag. Im Rahmen einer Notvergabe wurde stattdessen DB Regio für zwei Jahre mit der Erbringung der Leistungen beauftragt. Laut Aufgabenträger hätte Keolis etwa die Hälfte der notwendigen Planstellen nicht mit Lokführern besetzen und damit keinen für die Fahrgäste zuverlässigen Betrieb garantieren können. Nun soll das Los 1 für die Dauer von zehn Jahren erneut ausgeschrieben werden, die Betriebsübernahme ist für Ende 2021 geplant.

Den kompletten Artikel lesen Sie in Regionalverkehr 01/2020.
Erscheinungstag: 20.12.2019

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