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29.12.2016 • Dieselhybridbusse für Flensburg

Zwei große Raupen ziehen seit dem 31. März 2016 in Flensburg die Blicke auf sich. Beide sind rund 18 Meter lang, so häufig wie es geht emissionsfrei unterwegs und bei den ÖPNV-Nutzern der 93.000-Einwohner-Stadt besonders beliebt. Unter dem fröhlichen Farbkleid der Riesenraupen, die aus großen Kulleraugen neugierig in die Welt schauen, stecken zwei Dieselhybridgelenkbusse des Herstellers Volvo, die seit dem 12. März 2015 in der drittgrößten Stadt Schleswig-Holsteins zum Einsatz kommen. Betrieben werden sie von der Aktiv Bus Flensburg GmbH, einer 100-prozentigen Tochter der Stadtwerke Flensburg. Die Gelenkbusse sind mit einem Elektro– sowie einem Dieselmotor ausgestattet. Beim Bremsen erzeugte Energie wird gespeichert und zum Anfahren genutzt, während der Dieselmotor für den restlichen Antrieb sorgt. Steht der Bus, schaltet sich der Dieselmotor automatisch ab. Leerlauf- und Anfahrgeräusche werden so vermieden, die Emissionen deutlich gesenkt.

Der Hybridbus in Flensburg als Raupe

In ihrem ersten Betriebsjahr rollten die beiden Hybridbusse in neutralem Weiß. Noch 2015 veranstalteten Aktiv Bus, die Stadtwerke sowie der Klimapakt Flensburg e. V. einen Ideenwettbewerb zur Außengestaltung der Fahrzeuge, den gleich zwei Teilnehmerinnen gewannen: Unabhängig voneinander hatten sie ein Raupen-Design vorgeschlagen, das zum 31. März 2016 mittels Klebefolien umgesetzt wurde. Der Klimapakt ist ein Zusammenschluss aus Unternehmen, Institutionen und öffentlichen Einrichtungen, dessen Ziele eine Senkung des Energieverbrauchs und die CO2-Neutralität der Region Flensburg bis 2050 sind. Aktiv Bus und Stadtwerke sind Mitgliedsunternehmen des Vereins, und mit den auffälligen Raupen soll ein Zeichen für weniger Emissionen und mehr Energieeffizienz gesetzt werden. Im Sommer 2016 erhielten die Hybridraupen Verstärkung durch einen dritten Hybridgelenkbus, der bei Volvo als Vorführwagen diente. Auf ein gesondertes Design wurde verzichtet, wie die übrigen »Aktiv-Busse« ist der Neuzugang mit Werbefolien beklebt. Von den Hybridraupen unterscheidet er sich durch eine abweichende Innenraumgestaltung sowie die Anzahl der Türen: Er verfügt über nur drei Einstiege, Standard sind vier Doppeltüren.

Die drei Dieselhybridbusse sind der »Einstieg in den Ausstieg«, wie Bela Bergemann, Leiter Tarif & Strategische Planung bei Aktiv Bus, betont. Schon länger beobachtet das Unternehmen die technologische Entwicklung alternativer Antriebstechniken, mehrfach waren entsprechende Prototypen zu Testzwecken nach Flensburg gekommen. Mit den Hybridbussen ist der Übergang von Dieselfahrzeugen hin zur Elektromobilität eingeleitet worden, so Bergemann. Schon Ende 2017 soll der Hybridbusanteil bei rund 40 Prozent liegen: In zwei Tranchen werden sechs weitere Volvo 7900 LAH geliefert, von denen die ersten drei Anfang Dezember 2016 in Flensburg eintrafen. Die anderen drei folgen im Herbst 2017. Im Dezember 2016 umfasste der Fuhrpark von Aktiv Bus damit 26 Einheiten: Neben den sechs Hybridbussen sind 16 Dieselgelenk- sowie vier Solobusse des Typs Citaro von Mercedes-Benz im Bestand. Ermöglicht wird der Kauf der sechs Dieselhybridbusse durch einen Zuschuss in Höhe von knapp 300.000 Euro, der aus einem Förderprogramm des Bundesumweltministeriums stammt.

Der Fahrgastraum des Hybridbusses

Die dreiachsigen Dieselhybridgelenkbusse des Typs Volvo 7900 LAH sind 18,1 Meter lang und wiegen rund 17,5 Tonnen. Sie verfügen über einen Volvo I-SAM-Parallelhybridantrieb, bei dem sich der 150 Kilowatt starke Elektro- und der 177 Kilowatt starke Dieselmotor in Euro-6-Konfiguration gemeinsam oder unabhängig voneinander einsetzen lassen. Zur Ausstattung gehören unter anderem das automatisierte Schaltgetriebe Volvo I-Shift AT2412E, Druckluftscheibenbremsen rundum, Bremsassistent, Antiblockiersystem (ABS), Antriebsschlupfregelung (ASR) und Berganfahrhilfe. An Ampeln und Haltestellen schaltet sich der Dieselmotor automatisch ab, das Anfahren erfolgt im rein elektrischen Modus. Beim Erreichen einer Geschwindigkeit von 17 bis 23 Stundenkilometern schaltet sich der Dieselmotor automatisch zu. Bei Bremsvorgängen funktioniert der Elektromotor als Retarder und sorgt für die Rückgewinnung der Bremsenergie, die in zwei wassergekühlten Lithium-Ionen-Eisenphosphat-Batterien gespeichert und zum Antrieb des Elektromotors eingesetzt wird. Ein Display im Armaturenbrett informiert den Fahrer über den Ladezustand der Batterien. Ein Wartungsvertrag mit Volvo stellt sicher, dass die drei Hybridbusse jederzeit über einsatzfähige Energiespeicher verfügen.

Nicht nur bei den Fahrgästen, auch bei den Fahrern sind die Dieselhybridbusse beliebt. Die Fahrgäste schätzen vor allem die deutlich geringere Geräuschentwicklung an den Haltestellen und beim Anfahren. Die Fahrer heben hervor, dass sich die Hybridbusse nicht viel anders als Dieselbusse fahren. Gelobt wird vor allem das dynamische und ruckfreie Anfahren im Elektromodus, bevor sich der Dieselmotor zuschaltet. Immer wieder ist zu beobachten, dass die Hybridbusse – bei gemächlicher Fahrt und ohne Steigungen – über mehrere Haltestellen hinweg rein elektrisch unterwegs sind. Auch kleinere Fußgängerbereiche können elektrisch und damit nahezu geräuschlos durchfahren werden. Deshalb sind die Busse – zusätzlich zur Hupe – mit einer Glocke ausgestattet, deren Klang dem einer Straßenbahnglocke ähnelt: So können sie sich »fußgängerschonend« bemerkbar machen. Bei Aktiv Bus freut man sich über die Kraftstoffeinsparungen, die nach Worten von Bela Bergemann bei rund 30 Prozent liegen. Die Hybridbusse kommen auf allen Linien des Stadtbusnetzes zum Einsatz.

Der Fahrerplatz des Hybridbusses

Noch ist nicht absehbar, welche Fahrzeuge nach 2017 beschafft werden. Sicher ist für Aktiv Bus nur eines: Es werden keine Dieselbusse mehr sein. Der Übergang zur 100-prozentigen Elektromobilität soll vollzogen werden, sobald Elektrobusse in Serienreife zur Verfügung stehen. Ist dies 2018 noch nicht der Fall, wird an den Erwerb weiterer Hybridfahrzeuge gedacht. Optimal wäre nach Worten von Bela Bergemann ein Elektrobus, der tagsüber ohne Zwischenladungen auskommt. Auf diese Weise soll der Bau von Ladestationen an den Endhaltestellen vermieden werden, für die eigens ein teurer Starkstromanschluss eingerichtet werden müsste.

Die sechs neuen Hybridbusse, die bis Herbst 2017 nach Flensburg kommen, werden wie ihre Dieselpendants mit Vollwerbung unterwegs sein und sich optisch nahtlos in den bestehenden Fuhrpark einfügen. Erst ab 2018 könnte wieder ein fabrikneuer Bus die Blicke auf sich ziehen: Mit Ablieferung des ersten serienreifen Elektrobusses hätten sich die ambitionierten Ausstiegspläne von Aktiv Bus entfaltet – analog zu den Hybridraupen müsste das Fahrzeug im Schmetterlings-Design daherkommen.

Den kompletten Artikel lesen Sie in Regionalverkehr 01/2017.
Erscheinungstag: 29.12.2016

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