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28.02.2020 • Ulm: Neue Tram-Linie 2 erfolgreich

Die Ulmer Straßenbahn hat eine dynamische Entwicklung hinter sich: Noch bis Ende der Nullerjahre galt der Trambetrieb mit der nur 5,6 Kilometer langen Linie 1 als eines der kleinsten Straßenbahnunternehmen Deutschlands. Das änderte sich am 21. März 2009: An diesem Tag wurde die Bestandsstrecke, die von Söflingen zur Donauhalle führt, um 4,6 Kilometer in den Stadtteil Böfingen verlängert. Schon zuvor war der Fuhrpark grundlegend erneuert worden: In den Jahren 2003 und 2008 lieferte der Hersteller Siemens acht bzw. zwei fünfteilige Niederflurstraßenbahnen vom Typ Combino, mit denen die alten Gelenktriebwagen vom Typ GT4 ersetzt werden konnten.

Nach der erfolgreichen Verlängerung der Linie 1 wurde schon bald der Bau weiterer Strecken ins Auge gefasst, darunter eine Durchmesserlinie vom Schulzentrum auf dem Kuhberg im Südwesten zur Wissenschaftsstadt im Nordwesten. Baubeginn für die neue Linie 2 war am 15. Oktober 2015, die Inbetriebnahme erfolgte am 8. Dezember 2018. Damit hatte sich die Gleislänge der Tram schlagartig auf 19,1 Kilometer nahezu verdoppelt. Für die neue Strecke beschaffte die Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm GmbH (SWU) im Jahr 2018 bei Siemens zwölf Niederflurbahnen vom Typ Avenio M, die sich durch ihren besonderen Fahrkomfort auszeichnen. Die Investitionen in Gleise und Bahnen haben sich ausgezahlt: Die neue Linie 2 ist schon jetzt die Strecke mit den höchsten Passagierzahlen in Ulm!

Auf der neuen Linie 2 unterwegs

Die Straßenbahnlinien 1 und 2 bilden ein Kreuz mit einer gemeinsamen Stammstrecke in der Innenstadt. Die Linie 1 führt von Söflingen im Westen Ulms über die Haltestellen Ehinger Tor, Hauptbahnhof, Theater und Donauhalle nach Böfingen im Nordosten. Die Linie 2 startet am Schulzentrum Kuhberg im Südwesten der Stadt in einer weiten Wendeschleife mit einem Ausweichgleis. An einem Tram-Bus-Kombibahnsteig mit mehreren Busbuchten, die mit dem Kasseler Sonderbord des Herstellers Profilbeton ausgestattet sind, kann stufenfrei in mehrere Buslinien umgestiegen werden. Nach Durchfahren der Wendeschleife geht es in rascher Fahrt den Kuhberg hinab. Bis zur Haltestelle Grimmelfinger Weg verläuft die Linie 2 auf einer eigenen Trasse parallel zur Straße. Seit Anfang des Jahres werden die Gleise begrünt, bisher lag hier nur das Schotterbett. Ab Grimmelfinger Weg verlaufen die Gleise auf der Straße, wobei entsprechende Ampelschaltungen den Straßenbahnen an Kreuzungen den Vorrang sichern und so eine zügige Fahrt ermöglichen. Hinter der Haltestelle Martin-Luther-Kirche schwenken die Gleise auf die Trasse der Linie 1 ein und erreichen die Tram-Bus-Umsteigestation Ehinger Tor. Hier beginnt die gemeinsame (und asphaltierte) Stammstrecke bis zum Theater, die neben der Straßenbahn auch von Bussen genutzt wird.

Eine leistungsfähige Tram-Bus-Trasse räumt dem Nahverkehr hinauf zur Universität und zum Sciencepark II Priorität ein.

Eine leistungsfähige Tram-Bus-Trasse räumt dem Nahverkehr hinauf zur Universität und zum Sciencepark II Priorität ein.

Kurz hinter dem Ehinger Tor wird die Bahnstrecke Ulm – Augsburg unterquert, ehe die Haltestelle Hauptbahnhof erreicht ist. Der Bahnhofsvorplatz ist derzeit eine Großbaustelle, da die unterirdische Bahnhofspassage zwischen Empfangsgebäude und Innenstadt neu gebaut wird. Das nächste Mal hält die Straßenbahn am Theater, wo die Linie 2 von der Bestandsstrecke abzweigt.

Kurz hinter der Haltestelle Stadtwerke nehmen die Bahnen die kurze Steigung zur Kienlesbergbrücke hinauf: Auf der neuen Nahverkehrsbrücke, die allein Straßenbahnen, Radfahrern und Fußgängern zur Verfügung steht, werden die Gleise der Bahnstrecken von Ulm nach Stuttgart und Aalen überquert. Kurze Zeit später wird auf der Straße der Stadtteil Eselsberg durchfahren, wobei die Strecke beständig ansteigt. An der Haltestelle Eselsberg Hasenkopf wechseln die Schienen in Seitenlage, und auf einer komplett neu angelegten Tram-Bus-Trasse geht es in flotter Fahrt zur Universität hinauf. An der Haltestelle Universität Süd entstand wieder eine Umsteigestation mit einem Tram-Bus-Kombibahnsteig. In Seiten- und Mittellage bestehender Straßenzüge erreicht die Linie 2 nach Passieren der Stationen Botanischer Garten, Kliniken Wissenschaftsstadt, Universität West und Technische Hochschule die Endschleife am Sciencepark II. Auch hier wird die Gleistrasse begrünt.

Combino Nummer 46 auf dem Weg zum SciencePark II. Hier wird die Gleistrasse begrünt.

Combino Nummer 46 auf dem Weg zum SciencePark II. Hier wird die Gleistrasse begrünt.

Barrierefreie Ausstattung

Die Linie 2 ist durchgehend zweigleisig ausgeführt, und von allen Stationen kann niveaugleich in die Bahnen der Typen Combino und Avenio M eingestiegen werden. Stopps, an denen neben Bahnen auch Busse halten, sind mit dem reifenschonenden Kasseler Sonderbord ausgestattet, sodass die Busse dicht an die Haltestellen heranfahren und den Spalt zwischen Fahrzeug und Bordstein minimieren können. Alle Stationen sind einheitlich mit verglasten Unterständen, Sitzbänken und dynamischen Fahrgastinformationsanzeigen der Luminator Technology Group ausgestattet. Die großen LED-Displays sind auch bei starker Sonneneinstrahlung gut lesbar: In weißer Schrift auf schwarzem Grund werden die nächsten vier, an Umstiegshaltestellen mit vielen Linien die nächsten acht Abfahrten angezeigt. Abgerundet wird die Ausstattung der Haltestellen durch Fahrradbügel, an den Endpunkten und einzelnen Zwischenstopps gibt es Park-and-Ride-Anlagen.

Die neuen Straßenbahnen

Bei Siemens haben die SWU für 31 Millionen Euro zwölf fünfteilige Straßenbahnen des neuen Typs Avenio M bestellt, die zwischen Januar und November 2018 ausgeliefert wurden. Die meterspurigen Bahnen bestehen aus drei Fahrwerks- und zwei dazwischen eingehängten Sänftenmodulen. Damit heben sie sich deutlich von den normalspurigen Einheiten für München, Den Haag und Bremen ab, die ausschließlich aus Fahrwerksmodulen zusammengesetzt sind.

Die Ulmer Avenio M – das M steht für Meterspur – sind 31,47 Meter lang und 2,4 Meter breit. Vier Elektromotoren mit einer Leistung von jeweils 120 Kilowatt beschleunigen die Einrichtungsbahnen auf eine Höchstgeschwindigkeit von 70 Stundenkilometern. Auf der rechten Fahrzeugseite stellen vier Doppel- und zwei Einzeltüren einen schnellen Fahrgastwechsel sicher. Die Türen lassen sich mit Leuchtdrucktastern von TSL-Escha öffnen. Die Fußbodenhöhe beträgt an den Einstiegen 30 Zentimeter, über den Fahrwerken steigt der Fußboden auf 38 Zentimeter über Schienenoberkante (SO) an. Im klimatisierten Innenraum können insgesamt 185 Fahrgäste befördert werden, 69 davon sitzend. Zwei große Mehrzweckzonen in den Sänftenmodulen bieten Platz für Rollstuhlfahrer und Reisende mit Kinderwagen.

In Punkto Sicherheit setzt der Avenio M laut Hersteller neue Maßstäbe – er erfüllt alle aktuellen Brandschutznormen, ist für künftige Crash-Anforderungen gerüstet, und das Kollisionswarnsystem Siemens Tram Assistant unterstützt den Fahrer, um Unfälle zu vermeiden. Durch längs eingebaute Antriebe in den Drehgestellen, mechanische Kopplung der Räder in Längsrichtung, minimale unabgefederte Massen und eine optimierte Fahrwerksanbindung zum Wagenkasten konnten die Laufeigenschaften gegenüber den Vorgängerbahnen verbessert und der Rad-Schiene-Verschleiß verringert werden. Vier voneinander unabhängige Bremssysteme mit zusätzlicher Auslegung zur Befahrung langer Gefällstrecken, wie sie im Ulmer Netz typisch sind, erhöhen die Sicherheit zusätzlich. Elektrische Bremsen ermöglichen ein völlig ruckfreies Anhalten.

Erfolgreiche Linie 2

Die neue Straßenbahnlinie bringt dem Gesamtnetz der SWU deutliche Fahrgastgewinne. Das belegen die Fahrgastzählungen vom Mai 2019, den ersten seit der Inbetriebnahme der Linie 2 und der damit verbundenen Einführung des neuen Busnetzes. Demnach nutzen an einem normalen Werktag durchschnittlich 109.900 Menschen die SWU-Busse und -Straßenbahnen. Das ist ein Zugewinn von rund 10.300 Passagieren oder zehn Prozent gegenüber der Erhebung im gleichen Zeitraum des Vorjahres. An Sonntagen liegt der Fahrgastgewinn bei fünf Prozent oder 1600 Passagieren. Für die Linie 2 selbst haben die Zählungen rund 27.000 Passagiere an einem durchschnittlichen Werktag außerhalb der Ferienzeit ergeben. Insgesamt konnte die SWU im Jahr 2019 mit über 40 Millionen beförderten Fahrgästen einen Rekord aufstellen, so das Verkehrsunternehmen am 23. Januar 2020 in einer Pressemitteilung.

Den kompletten Artikel lesen Sie in Regionalverkehr 02/2020.
Erscheinungstag: 28.02.2020

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