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27.04.2018 • Trapizio startet in Neuhausen (CH)

Seit dem 27. März 2018 dreht ein selbstfahrender Kleinbus auf den Straßen der schweizerischen Stadt Neuhausen am Rheinfall seine Runden. Das wäre nicht weiter erwähnenswert – autonome Kleinbusse rollen unter anderem bereits im schweizerischen Sitten und im oberbayerischen Kurort Bad Birnbach auf öffentlichen Straßen. Doch das Projekt in der Nachbarstadt von Schaffhausen hat eine Besonderheit: Erstmals wird ein selbstfahrender Bus in ein ÖPNV-Leitsystem integriert. Zum Einsatz kommt ein elfsitziger Kleinbus vom Typ Autonom Shuttle des französischen Herstellers Navya, der die neue Linie 12 bedient. Diese soll von Frühjahr bis Herbst das Zentrum der 10.000-Einwohner-Stadt mit dem Schlössli Wörth am Rheinfallbecken verbinden. Vorangetrieben wird das Projekt »Linie 12« vom Anfang dieses Jahres gegründeten Swiss Transit Lab, dem der ÖV-Systemspezialist Trapeze (mit Sitz in Neuhausen), dessen Tochtergesellschaft AMoTech sowie die Verkehrsbetriebe Schaffhausen (VBSH) angehören. Unterstützt werden sie von der Regional- und Standortentwicklung des Kantons Schaffhausen. Ziel des Mobilitäts-labors ist es nicht nur, das autonom verkehrende Shuttle auf die Straße zu bringen, sondern mit weiteren Partnern die Mobilität der Zukunft mitzugestalten. »Als erster selbstfahrender Bus weltweit ist das Schaffhauser Shuttle nun in das Leitsystem eines Verkehrsbetriebs eingebunden und wird über dieses gemeinsam mit den regulären Fahrzeugen der VBSH überwacht«, sagte AMoTech-Geschäftsführer Dominique Müller vor der ersten Fahrt.

Trapizio in Neuhausen

Auf dem Weg zur Stufe 5

Vorgestellt wurden der Trapizio genannte Kleinbus und das Projekt Linie 12 bereits im Juli 2017 – seitdem war das Shuttle auf privatem Gelände ausführlich getestet worden. Nachdem das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) die Bewilligung erteilt hat, werden die Fahrten nun auf die Straßen von Neuhausen verlegt. Peter Schneck, CEO von Trapeze, und Bruno Schwager, Direktor der VBSH, brachten am 27. März gemeinsam die Fahrzeugnummer am Kleinbus an, der damit offiziell im Mischverkehr mit manuell gesteuerten Fahrzeugen fahren darf. »Das ist der Startschuss hin zur automatisierten Mobilität der Stufe 5, wo schließlich keine Begleitperson mehr erforderlich sein wird«, so Schneck. Die von AMoTech entwickelten Softwaremodule ermöglichen die Einbindung von Fahrzeugen aller relevanten Hersteller in bestehende Trapeze-Leitsysteme für Linien-, Bedarfs- und Taxiverkehre. Dazu gehört auch die Umsetzung aller notwendigen Sicherheitsfunktionen für einen künftig möglichen fahrerlosen Betrieb auf öffentlichen Straßen. Durch selbstfahrende Shuttles kann der Linienverkehr um eine vollintegrierte First-/Last-Mile-Lösung erweitert werden, außerdem ließen sich bisher unrentable Strecken an den öffentlichen Verkehr anbinden.

Die Rheinfalllinie kommt

Die VBSH haben drei Begleitpersonen angestellt und ausgebildet, die jeweils im Trapizio mitfahren. »Sie können mittels Steuergerät jederzeit die Kontrolle über den Bus übernehmen und agieren daneben auch als Ansprechpersonen für die Fahrgäste«, erklärte VBSH-Direktor Schwager. Zunächst verkehrt der Bus werktags von 13 bis 17, sonn- und feiertags von 10 bis 18 Uhr. Aufgrund interner Tests und von Wartungsfenstern wird er nicht an allen Tagen für Passagiere zur Verfügung stehen, weshalb der Fahrplan jeweils auf www.swisstransitlab.com publiziert wird. Regulär ist der Trapizio im Zehnminutentakt unterwegs.

Zunächst fährt der Kleinbus nur auf einem knapp 500 Meter langen Rundkurs durch Wildenstraße, Industriestraße sowie Zen-tralstraße und verbindet lediglich die beiden Haltestellen Zentrum Nord und Zentrum Süd miteinander. An der Nordhaltestelle stoppen die Buslinien 1 und 6 nach Herbstäcker bzw. Falkeneck, an der Südhaltestelle in der Gegenrichtung nach Waldfriedhof bzw. Neuhausen Bahnhof. Damit hat die neue Linie 12 noch keinen echten Verkehrswert – dieser wird sich erst im Sommer ergeben, wenn die Strecke um rund einen Kilometer zum Schlössli Wörth verlängert wird. Die Zeit bis dahin soll genutzt werden, um Erfahrungen mit dem Shuttle im Fahrgasteinsatz zu sammeln.

Trapizio unterwegs in Neuhausen

Erste Eindrücke

Noch gleicht die erste Teilstrecke eher einem Kuschelkurs: Der Kleinbus ist ausschließlich in einer Tempo-30-Zone, auf Einbahnstraßen und ohne Ampeln unterwegs. Die Haltestelle Zentrum Nord ist so lang ausgeführt, dass der Trapizio hier pausieren und seine großen Brüder, die Trolley- und Dieselbusse der Linien 1 und 6, passieren lassen kann. Lediglich an der Haltestelle Süd muss es flott gehen, denn hier hat immer nur ein Bus Platz. Der Rundkurs ist exakt einprogrammiert, sodass der mit Sensoren und Kameras ausgestattete Kleinbus seine Strecke souverän absolviert. An den Zebrastreifen bremst der Bus leicht ab, damit er beim Auftauchen eines Fußgängers schnell zum Stehen kommt. Eher schüchtern ist der Trapizio bei hohem Verkehrsaufkommen: Dann kann es beim Ausfahren aus der Haltestellenbucht oder beim Abbiegen schon mal etwas dauern, ehe die Sensoren eine Lücke zwischen den anderen Verkehrsteilnehmern ausmachen und der Bus startet. Gelegentlich müssen auch die Begleitpersonen mit ein paar Klicks am Steuergerät nachhelfen. Schon am ersten Tag hat der frech designte Trapizio, in dem erkennbar niemand an einem Lenkrad sitzt, für Aufsehen unter Passanten gesorgt, von denen viele gleich zum Smartphone griffen und das leise dahingleitende Elektrogefährt ablichteten. Fahrgäste, die spontan für eine Runde zustiegen, waren von der neuen Reisemöglichkeit begeistert.

Ins Betriebsleitsystem integriert

Bei den VBSH kann der Weg des selbstfahrenden Kleinbusses – wie der aller anderen Busse auch – auf den Bildschirmen in der Leitstelle verfolgt werden. So sind die Disponenten stets darüber informiert, wo sich der Trapizio gerade befindet und ob er pünktlich ist. Kommt es zu Verspätungen, wird den anderen Linienbussen Vorrang eingeräumt. Kameras an Front und Heck sowie im Innenraum des Kleinbusses, deren Bilder in der Leitstelle auf die Bildschirme übertragen werden können, sorgen für ein Maximum an Sicherheit. Bei Bedarf kann der Disponent den Begleitpersonen Handlungsanweisungen durchgeben. Präsent ist der Kleinbus aufgrund seiner Integration in das Betriebsleitsystem auch auf den Fahrgastinformationsanzeigen an den Haltestellen, wo die nächste Abfahrt der Linie 12 in Echtzeit angezeigt wird.

Fahrgastinfo in Neuhausen Linie 12 mit Trapizio

Die VBSH verfügen seit Sommer 2014 über eine virtuelle Leitstelle des Herstellers Trapeze. Diese besteht aus nur einem Arbeitsplatz mit PC und zwei Monitoren, der betriebsübergreifend für die VBSH und die Regionalen Verkehrsbetriebe Schaffhausen (RVSH) genutzt wird. Das Betriebsleitsystem, das hinter dieser Leitstelle steckt, ist in eine Cloud ausgelagert. So ersparte sich das Unternehmen die Anschaffung der nötigen Hard- und Software, die als Dienstleistung komplett bei Trapeze gemietet wurden. Die Anwendung läuft autonom und steuert auch die Angaben auf den Bildschirmen in den Fahrzeugen sowie auf den Fahrgastinformationsanzeigen an den Haltestellen. Nur bei größeren Störungen muss ein Mitarbeiter der VBSH manuell eingreifen.

Den kompletten Artikel lesen Sie in Regionalverkehr 03/2018.
Erscheinungstag: 27.04.2018

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