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16.04.2017 • Wuppertal: Neue Schwebebahn

Sie ist das vermutlich längste Wahrzeichen der Welt: Die Wuppertaler Schwebebahn, die auf einer rund 13 Kilometer langen Trasse durch die 354.000-Einwohner-Stadt gleitet. Die am 1. März 1901 eröffnete Einschienenhängebahn, so die korrekte Bezeichnung, folgt in luftiger Höhe dem Verlauf der Wupper, die sich in vielen Schleifen durch das enge Tal windet. Nur auf den letzten 2,7 Kilometern, zwischen der Haltestelle Zoo/Stadion und dem Endbahnhof Vohwinkel, geht es auf der so genannten Landstrecke in acht Metern Höhe über Straßen hinweg und zwischen Häusern entlang. Die seit dem 26. Mai 1997 unter Denkmalschutz stehende Schwebebahn wurde in den vergangenen Jahrzehnten schrittweise saniert: Zwischen 1995 und Ende 2014 erneuerte man alle Stützen, Schienen und Stationen. Nur drei der vorhandenen Haltestellen – Hauptbahnhof, Alter Markt und Ohligsmühle – wurden nicht demontiert. Drei weitere Stationen, die noch aus der Anfangszeit stammten (Landgericht, Völklinger Straße und Werther Brücke), wurden formidentisch neu errichtet und versprühen nun wieder historischen Jugendstilcharme. Abgerundet wird die Modernisierung der Schwebebahn durch neue Züge: Am 18. Dezember 2016 stellten die Wuppertaler Stadtwerke (WSW) die ersten Gelenktriebwagen (GTW) der »Generation 15« vor. Bis Anfang 2018 werden 31 neue Fahrzeuge des Herstellers Kiepe den vorhandenen Fuhrpark ersetzen.

Die neuen Fahrzeuge

Erst auf den zweiten Blick unterscheiden sich die GTW 15 von ihren Vorgängern aus den Jahren 1972 bis 1975. Das Grundkonzept der neuen Einheiten (Länge, Breite und Höhe) wurden von den Bestandsfahrzeugen des Typs GTW 72 übernommen, ebenso die Türanordnung. Die 24 Meter langen und 2,2 Meter breiten Triebwagen bestehen aus zwei Endwagen, die durch ein kurzes Mittelteil und zwei Doppelgelenke miteinander verbunden sind. Alle Fahrzeuge sind als Einrichtungswagen ausgelegt: Jeweils auf der in Fahrtrichtung rechten Seite verfügen die Endwagen über zwei Doppeltüren, die sich an den Stationen automatisch öffnen. Jeder GTW 15 besitzt vier Triebdrehgestelle mit je einer Motor- und Getriebeeinheit als Längsantrieb, wobei die beiden Antriebe eines Endwagens als Gruppenantrieb geregelt sind. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 65 Stundenkilometern.

Eine Besonderheit ist das Aussichtsabteil am hinteren Wagenende

Eine Besonderheit ist das Aussichtsabteil am hinteren Wagenende

Bei der Konstruktion wurde aufgrund strenger Gewichtsvorgaben ein hohes Augenmerk auf Leichtbau gelegt. Das Leergewicht der Dreiteiler beträgt 25,6 Tonnen. Kiepe liefert auch die komplette elektrische Ausrüstung der Fahrzeuge. Hierzu gehören der Antrieb, die Heizung und Klimageräte für Führerstand und Fahrgasträume sowie Bremsen und Türen. Die neuen GTW 15 sind für eine Netzspannung von 750 Volt Gleichstrom ausgelegt – bisher wird die Schwebebahn mit 600 Volt Gleichstrom betrieben, soll nach Ablieferung aller neuen Fahrzeuge aber auf die höhere Spannung umgestellt werden. Durch den Einsatz modernster Drehstromantriebstechnik kann die Bremsenergie künftig ins Netz rückgespeist werden. Gegenüber den GTW 72, die mitunter doch etwas ungestüm anfahren und beim Bremsen recht abrupt zum Stillstand kommen, beschleunigen die GTW 15 völlig ruckfrei und bremsen butterweich.

Ein ganz neues Fahrgefühl bietet auch der attraktiv gestaltete Innenraum. Jeder Zug verfügt über insgesamt 45 Sitz- sowie zirka 90 Stehplätze. In den Endwagen sind die Sitze paarweise auf der linken Fahrzeugseite und in Fahrtrichtung angeordnet. Die rechte Wagenhälfte ist als Stehplatzfläche ausgelegt. An der ersten Doppeltür ist eine manuelle Klapprampe eingebaut, die auch Rollstuhlfahrern das Einsteigen ermöglicht. Eine Besonderheit ist das Aussichtsabteil am hinteren Ende: Sechs Sitze bilden hier einen Halbkreis um die bis auf den Wagenboden reichende Heckscheibe, die einen Panoramablick auf die Stadt und den Fluss bietet. Der in kräftigen Farben gestaltete Innenraum erinnert wieder an die Vorgängergeneration, die durch orangefarbene Decken und blaue Sitzpolster in Erinnerung bleibt. Im GTW 15 leuchtet der Fußboden in Grün, die Holzsitze sind mit dunkelbraunen Polstern versehen. Weitere Fahrzeuge sollen mit Bodenbelägen in Rot und Gelb ausgestattet werden.

Die hochwertige Gestaltung setzt sich außen fort. Die Wagen sind in Hellblau lackiert, die Fensterflächen schwarz gehalten. Schmale rote Bänder an den Fahrzeugenden setzen Akzente. Anders als bisher soll es keine Wagen in Vollwerbung mehr geben. Für mehr Sicherheit sorgen Leuchtbänder auf den Doppeltüren: Sind die Türen geöffnet, leuchten sie in Grün, fangen sie an zu blinken, wird dem Fahrgast signalisiert, dass sich die Türen gleich schließen. Eine Zielanzeige an der Front, Durchsagen und Bildschirme in den Innenräumen, die jeweils die kommenden drei Stationen anzeigen, runden den Komfort ab.

Im Fahrgasteinsatz

Die ersten fünf GTW 15 wurden am 18. Dezember 2016 im Rahmen eines Festes an der Zwischenhaltestelle Kluse in Betrieb genommen. In die vom Düsseldorfer Hersteller Kiepe als Generalunternehmer gefertigten 31 Wagen, die bei Vossloh im spanischen Valencia endmontiert werden, investieren die WSW insgesamt 122 Millionen Euro. Mitte März befand sind bereits Wagen 09 der neuen Generation im Einsatz. Für jeden GTW 15 muss aus statischen Gründen ein alter Wagen »abgehängt« werden. Dabei werden die GTW 72 nicht aufsteigend nach Nummern, sondern abhängig von ihrem Erhaltungszustand außer Betrieb genommen. So kommt es, dass zurzeit beispielsweise zwei Wagen mit der Nummer 01 durch Wuppertal schweben: Der erste GTW 72 aus dem Jahr 1972 und der erste GTW 15. Ein GTW 72 soll voraussichtlich betriebsfähig erhalten bleiben.

Ein GTW 72, hier in der Station Landgericht, soll voraussichtlich erhalten bleiben.

Ein GTW 72, hier in der Station Landgericht, soll voraussichtlich erhalten bleiben.

Komplettiert wird die Erneuerung der Wuppertaler Schwebebahn durch ein neues Signalsystem, das eine zweiminütige Zugfolge ermöglichen soll. Bisher kann maximal alle drei Minuten gefahren werden, sodass die Schwebebahn zu den Hauptverkehrszeiten auch schon mal an ihre Kapazitätsgrenzen stößt. Doppeltraktionen können nicht gebildet werden, da die Bahnsteige zu kurz sind. Installiert wird das European Train Control System (ETCS) Level 2+ des Herstellers Alstom, das ohne streckenseitige Signale auskommt. Anstelle von Gleisfreimeldeanlagen erfolgt die Positionsbestimmung durch die Fahrzeuge: Die Züge erfassen ihre Position über an der Strecke angebrachte Eurobalisen in Kombination mit einem Wegmessungssystem und GPS-Empfängern und melden diese Position über Funk an die Betriebszentrale. Als Funksystem wird nicht das bei ETCS im Vollbahnbereich übliche GSM-R, sondern Terrestrial Trunked Radio (TETRA) verwendet, da dieses System bereits vorhanden ist und für die WSW-interne Sprachkommunikation genutzt wird.

Den kompletten Artikel lesen Sie in Regionalverkehr 03/2017.
Erscheinungstag: 27.04.2017

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