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29.04.2010 • Verkehrsknoten Bad Schandau
Wer mit der S-Bahn oder dem Fernzug aus Richtung Dresden in Bad Schandau ankommt,
steht erst einmal an der Elbe. Allerdings auf der falschen Seite, denn der Kurort
liegt gegenüber vom Bahnhof auf dem anderen Flussufer. Zu Fuß ist der Stadtkern nur
nach einem rund einen Kilometer langen Umweg über die abseits gelegene Straßenbrücke
zu erreichen. Schneller geht es mit der Fähre, die zwischen dem Bahnhof und dem Stadtanleger
pendelt. Damit hat der Reisende schon zwei der Verkehrsmittel kennengelernt, die Bad
Schandau erschließen und anbinden …
Mitte des 19. Jahrhunderts kommt die Eisenbahn nach Bad Schandau: Zwischen 1848 und
1851 nimmt die Sächsische Staatseisenbahn die durch das Elbtal führende Linie Dresden
– Bad Schandau – Schöna – Tetschen-Bodenbach, heute Teil der internationalen Verbindung
Dresden – Decín (Tetschen) – Prag, in Betrieb. Seit 1877 zweigt in Bad Schandau eine
Nebenstrecke über Sebnitz (Sachs) und Neustadt (Sachs) nach Bautzen ab. Die gute Verkehrsanbindung
führt schnell zu einer erheblichen Zunahme des Fremdenverkehrs in der für ihre bizarren
Felslandschaften bekannten Region. Um 1900 kommt die Idee auf, den oberhalb von Bad
Schandau liegenden Ort Ostrau in ein exklusives Ferienzentrum mit Sportstätten zu
verwandeln. Dahinter steht der Hotelier und Stadtrat Rudolf Sendig (1848 bis 1928),
der bereits 1898 die elektrisch betriebene Straßenbahn durch das Kirnitzschtal zum
Lichtenhainer Wasserfall in Betrieb nehmen lässt. Seine ambitionierten Pläne können
nur teilweise verwirklicht werden: In Ostrau entsteht eine Reihe von Ferienvillen,
die durch einen 1905 eröffneten Personenaufzug angebunden werden. Seit 1954 befindet
sich die 50 Meter hohe, freistehende Eisenkonstruktion unter Denkmalschutz, in den
1990er Jahren wird die Anlage saniert und 2010 barrierefrei gestaltet.
Bad Schandau ist heute ein beliebter Ferienort und Startpunkt für Tagesausflüge, Wanderungen
oder Radfahrten in den 1990 eingerichteten Nationalpark Sächsische Schweiz. Alle zwei
Stunden hält im Bahnhof ein EuroCity der Relation Berlin – Dresden – Prag. Die Station
ist zugleich eine Haltestelle der Dresdner S-Bahn: Die Linie S1 führt von Meißen Triebischtal
über Dresden Hbf und Bad Schandau nach Schöna an der deutsch-tschechischen Grenze.
Nicht zuletzt aufgrund des starken Güterverkehrs – die Elbtalbahn gilt als paneuropäischer
Korridor zwischen Skandinavien und Südosteuropa – wird die Strecke kontinuierlich
ausgebaut. 2004 richtet die Bahn den Abschnitt Dresden – Pirna viergleisig her, sodass
S-Bahn- und Fernverkehr getrennt voneinander fahren können. Von 2007 bis 2009 wird
der Bahnhof Bad Schandau für knapp 30 Millionen Euro modernisiert und für eine Durchfahrgeschwindigkeit
von 130 Stundenkilometern ausgebaut. Die Bahnsteige werden komplett neu angelegt,
zu erreichen sind sie durch Unterführungen und mit Aufzügen. Barrierefrei zugänglich
ist die Mobilitätsdrehscheibe Bad Schandau aber noch nicht: Der Bahnhofsvorplatz präsentiert
sich als Kopfsteinpflasterwüste. In die Niederflurbusse der Oberelbischen Verkehrsgesellschaft
Pirna-Sebnitz mbH (OVPS), die die umliegenden Orte anbinden, kann nur von viel zu
niedrigen Bürgersteigen eingestiegen werden. Auch die Fähranlegestelle ist nur über
viele Stufen zu erreichen.
Fahrgäste, die in Bad Schandau umsteigen und auf der Elbe oder auf der Straße weiterreisen
wollen, kommen ohne die OVPS nicht weit. Das 1992 als Nachfolger der Sparte Personenverkehr
des VEB Kraftverkehr Pirna gegründete Unternehmen betreibt neben den Buslinien des
Landkreises Sächsische Schweiz-Osterzgebirge auch einen Großteil der Fährverbindungen
über die Elbe sowie die Kirnitzschtalbahn. Die kreiseigene Gesellschaft besitzt neben
zwei Betriebshöfen in Pirna und Sebnitz einen dritten in Bad Schandau, in dem Busse
sowie die Straßenbahnen und Fähren betreut werden. Mit 85 Bussen werden auf 28 teilweise
grenzüberschreitenden Regionalbuslinien, zehn Stadtverkehrslinien in Pirna, Sebnitz
und Bad Schandau sowie einer Schülerlinie insgesamt 4,5 Millionen Kilometer jährlich
gefahren. Hinzu kommen zehn Motorschiffe, die unter anderem auf acht Fährverbindungen
eingesetzt werden. Der Fuhrpark der Kirnitzschtalbahn umfasst vier Trieb- und sechs
Beiwagen der Bauart Gotha für den täglichen Betrieb sowie drei historische Trieb-
und einen Beiwagen für Sonderfahrten.
Die OVPS ist seit Jahren Stammkunde beim Bushersteller MAN. Da viele Linien den Nationalpark
Sächsische Schweiz durchqueren, setzt das Unternehmen bei Neubeschaffungen auf besonders
umweltfreundliche Fahrzeuge. Seit 2008 sind die ersten Fahrzeuge nach EEV-Standard
unterwegs: In jenem Jahr kaufte die OVPS fünf Busse vom Typ Lion’s City G, bis Ende
2009 folgten acht Soloniederflurbusse. Die barrierefrei ausgestatteten Fahrzeuge verfügen
über 56 Sitzplätze, eine Kneelingeinrichtung sowie Videoüberwachung. Außerdem wurden
2009 dreizehn Busse mit Rußpartikelfiltern nachgerüstet, sodass mittlerweile knapp
die Hälfte aller OVPS-Busse mindestens nach der Euro-4-Abgasnorm fährt.
Auf Umweltfreundlichkeit legt auch die Kirnitzschtalbahn großen Wert: Die meterspurige
Bahn deckt 30 Prozent ihres Fahrstroms aus Solarenergie. Sie beginnt am Stadtpark
und führt eingleisig auf der Landstraße 165 bis zum knapp acht Kilometer entfernten
Lichtenhainer Wasserfall. In den Wintermonaten reicht oft ein einzelner Triebwagen
aus, um die wenigen Fahrgäste in den sechs Zügen pro Tag und Richtung zu befördern.
Zwischen April und Oktober werden die Bahnen schlagartig voller: Dann wird alle 30
Minuten gefahren. Jährlich sind knapp 230.000 Fahrgäste mit der Kirnitzschtalbahn
unterwegs.
Den kompletten Artikel lesen Sie in Regionalverkehr 3/2010.
Erscheinungstag: 29.04.2009
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