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24.02.2011 • Durchrationalisierte Strecke
Geradezu prädestiniert für den Einsatz eines leichten Triebwagens ist die oberfränkische
Nebenbahn von Münchberg nach Helmbrechts. Die Fahrgastzahlen auf der knapp zehn Kilometer
langen Strecke sind überschaubar, und für einen Pendelverkehr im zeitgemäßen Stundentakt
reicht ein Fahrzeug aus. An den beiden Endbahnhöfen bleibt genügend Zeit, um die Anschlüsse
auf die Züge in Richtung Bayreuth und Hof bzw. auf die Busse in die Region sicherzustellen.
2012 wird die steigungsreiche Linie, die in den 1970er und 1980er Jahren noch als
Stilllegungskandidat galt, 125 Jahre alt. Nun fährt die kleine Bahn in eine gesicherte
Zukunft: Im Frühjahr 2010 wurde die erste Hälfte der Strecke mit neuen Gleisen ausgestattet,
und ab 12. Juni 2011 übernimmt mit der agilis Verkehrsgesellschaft mbH & Co. KG ein
neuer Betreiber den Verkehr. Zum Einsatz kommen moderne RegioShuttles des Herstellers
Stadler Pankow.
Münchberg ist seit 1848 von der Eisenbahn erschlossen: Die Textilstadt liegt an der
Hauptstrecke Lindau – Augsburg – Nürnberg – Bamberg – Hof, die zwischen 1843 und 1854
von den Königlich Bayerischen Staatseisenbahnen (K.Bay.Sts.B) in mehreren Abschnitten
eröffnet worden war. 1876 setzten sich Münchberger Industrielle erstmals für den Bau
einer Lokalbahn über Helmbrechts nach Selbitz ein, doch es sollte noch bis 1883 dauern,
ehe der bayerische Landtag Zustimmung zum Bau einer Lokalbahn mit Endpunkt Helmbrechts
signalisierte. Bis zum ersten Spatenstich am 19. August 1885 vergingen noch weitere
zwei Jahre, doch am 15. November 1886 war die Strecke fertiggestellt. Nachdem am 11.
Mai 1887 die ersten Probefahrten stattfanden, konnte die Lokalbahn Münchberg – Helmbrechts
am 1. Juni 1887 eröffnet werden.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Betrieb zunehmend rationalisiert. Die Dampftraktionwurde
im Personenverkehr Anfang der 1950er Jahre durch Vorkriegstriebwagen des Typs VT 70
ersetzt, denen 1954 die ersten Uerdinger Schienenbusse der Baureihe VT 95 folgten.
Mit den damals hochmodernen Fahrzeugen konnte 1956 der neue Bedarfshalt Unfriedsdorf,
der drei Kilometer hinter Münchberg liegt, eingeweiht werden, ohne dass es zu Fahrtzeitverlängerungen
kam. In den 1960er Jahren lösten Dieselloks der Baureihe V 100 die Dampfloks auch
im Güterverkehr ab, ferner kamen sie vor Personenzügen im Schülerverkehr zum Einsatz.
1974 ersetzten stärker motorisierte Schienenbusse der Baureihe 798 die einmotorigen
795er.
Der Fortbestand der Linie Münchberg – Helmbrechts war lange Zeit höchst unsicher –
seitens der damaligen Deutschen Bundesbahn wurde daran gedacht, die Verbindung mit
Ausmusterung der letzten Schienenbusse einzustellen. Rettung nahte in Gestalt der
Bayerischen Eisenbahngesellschaft (BEG), die 1996 im Rahmen der Bahnprivatisierung
gegründet wurde und seitdem im Auftrag des Freistaats für die Bestellung und Finanzierung
des SPNV verantwortlich ist. Zwischen Münchberg und Helmbrechts wurde zunächst ein
Zweistundentakt geordert, und neue Triebzüge der Baureihe 628 lösten die betagten
Schienenbusse ab. Zuletzt ließ die BEG das Zugangebot montags bis freitags auf einen
Ein- bis Zweistundentakt verdichten. Für frisches Rollmaterial sorgt die private Vogtlandbahn
GmbH, die von der DB mit der Erbringung der Zugleistungen beauftragt wurde und Siemens
Desiro bzw. RegioSprinter einsetzt.
Heute ist die Linie nach Helmbrechts eine durchrationalisierte Nebenbahn, die nur
noch im Personenverkehr bedient wird. Mit Ausnahme der Verbindung zur Hauptstrecke
wurden alle Weichen und Nebengleise abgebaut; die Züge aus Helmbrechts enden in Münchberg
auf Gleis 1, einem Stumpfgleis direkt vor dem Empfangsgebäude. Vom 7. Mai bis 14.
Juni 2010 war die Strecke zur Erneuerung der Gleise zwischen Münchberg und Hildbrandsgrün
auf 4,5 Kilometern Länge komplett gesperrt. Hierbei wurden die alten Schienen und
Stahlschwellen durch neue Gleise und Betonschwellen ersetzt, anschließend wurde das
Schotterbett mit einer Plasser-&-Theurer-Bettungsreinigungsmaschine des Typs RM 801-2
AHM gesäubert und neu eingebracht. In die richtige Lage rückten das neue Gleis eine
Zweischwellenstopfmaschine 09-32 CSM und eine Schnellschotterplaniermaschine SSP 110.
Die Arbeiten wurden mit Maschinen der Strabag Rail GmbH erbracht, für die Anlieferung
der Baumaterialien war unter anderem die Nordbayerische Eisenbahn GmbH (NBE) zuständig.
Seit dem Fahrplanwechsel am 12. Dezember 2010 teilt sich die DB die Zugleistungen
mit der Vogtlandbahn: Vormittags fährt ein RegioSprinter der Privatbahn, nachmittags
ein DB-Triebzug der Baureihe 628. Das bunte Miteinander endet am 12. Juni 2011: Dann
übernimmt agilis den Betrieb. Das Tochterunternehmen der BeNEX GmbH, Holdinggesellschaft
der Hamburger Hochbahn für Verkehre außerhalb der Hansestadt Hamburg, hat in einer
Ausschreibung der BEG das so genannte Dieselnetz Franken gewonnen. Dieses umfasst
neben der Strecke Münchberg – Helmbrechts die Verbindungen Forchheim – Ebermannstadt,
Bamberg – Ebern, Lichtenfels – Coburg – Bad Rodach, Bayreuth – Neuenmarkt-Wirsberg
– Lichtenfels / Hof, Bayreuth – Weiden (Oberpf), Bayreuth – Weidenberg, Marktredwitz
– Kirchenlaibach, Hof – Bad Steben und Hof – Selb. Bereits seit dem 12. Dezember 2010
ist agilis auf dem E-Netz Regensburg unterwegs. Eingesetzt werden 38 klimatisierte
Stadler-RegioShuttles. Bis 2023 sollen auf dem 430 Kilometer langen Netz jährlich
4,5 Millionen Zugkilometer gefahren werden. Für die Linie Münchberg – Helmbrechts,
auf der heute an einem durchschnittlichen Werktag rund 400 bis 450 Personen unterwegs
sind, wird mit dem Betreiberwechsel ein Stundentakt an allen Wochentagen eingeführt,
der auch eine Spätverbindung ab Hof beinhaltet. Die BEG erwartet von dieser Maßnahme
im Verbund mit den neuen Fahrzeugen eine erhebliche Nachfragesteigerung.
Den kompletten Artikel lesen Sie in Regionalverkehr 2-2011.
Erscheinungstag: 24.02.2011
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