Meldungen
14. Dezember 2021 • Abellio-Linien neu vergeben
Die drei SPNV-Aufgabenträger in Nordrhein-Westfalen – der Verkehrsverbund Rhein Ruhr
(VRR), der Nahverkehr Westfalen Lippe (NWL) und der Nahverkehr Rheinland (NVR) – haben
die bisher von der Abellio Rail GmbH betriebenen Netze ab 1. Februar 2022 an die Mitbewerber
DB Regio, National Express (NX) und Vias Rail vergeben. Abellio Rail stellt zum 31. Januar
2022 den SPNV in Nordrhein-Westfalen ein.
Das Unternehmen mit Sitz in Hagen erbrachte bisher die Leistungen im Ruhr-Sieg-Netz,
im Niederrhein-Netz und auf der S-Bahn-Linie Wuppertal – Solingen. Außerdem wurden
sechs Linien im Netz der S-Bahn Rhein-Ruhr sowie die beiden Linien RE 1und RE 11 im
Rhein-Ruhr-Express-Netz (RRX) bedient. Die von Abellio eingesetzten Fahrzeuge sind
Eigentum der Aufgabenträger und können nahtlos weiter eingesetzt werden. Auch das
Personal kann zu den anderen Verkehrsunternehmen wechseln. Alle Strecken sollen voraussichtlich
noch 2022 neu ausgeschrieben werden.
DB Regio wird ab 1. Februar 2022 die Netze S-Bahn Rhein-Ruhr (unter anderem S 2, S 3,
S 9) und Ruhr-Sieg (RB 91, RB 46 und RE 16) übernehmen. NX soll die Rhein-Ruhr-Express-Linien
(RRX) Aachen – Hamm (RE 1) und Düsseldorf – Kassel (RE 11), betreiben. Das britisch-deutsche
Unternehmen bedient bereits die RRX-Vorläuferlinien Aachen – Dortmund (RE 4) und Flughafen
Köln/Bonn – Minden (RE 6) sowie die Linie Wesel – Koblenz (RE 5). Vias Rail wird das
Niederrheinnetz mit dem RE 19 (Düsseldorf – Arnheim/Bocholt) als grenzüberschreitendem
Verkehr und der RB 35 (Gelsenkirchen – Mönchengladbach) sowie die Linie S 7 (Wuppertal
- Solingen) übernehmen.
Vias Rail übernimmt das Niederrheinnetz mit dem RE 19 von Düsseldorf nach Arnheim
(NL)
Die Vergaben sind im Rahmen einer freiwilligen Ex-ante-Transparenzbekanntmachung erfolgt,
die hieraus resultierenden Beauftragungen laufen als Direktvergaben bis Dezember 2023.
Für die Zeit danach sollen die Verkehre langfristig neu ausgeschrieben werden. Für
die kurzfristige Übernahme der Verbindungen haben die neuen Betreiber Mehrkosten kalkuliert,
welche die Aufgabenträger ausgleichen werden. Unterstützt werden VRR, NWL und NVR
dabei vom Ministerium für Verkehr NRW, das eine Kostenübernahme zugesagt hat.
Zielsetzung der Aufgabenträger ist es, den bisherigen Fahrplan so weit wie möglich
aufrecht zu erhalten. Ein zentraler Faktor hierfür ist die Bereitschaft der bisherigen
Abellio-Mitarbeiter zu den drei nun ausgewählten Betreibern zu wechseln. Die Übernahme
aller Regelungen der bisherigen Arbeitsverträge ist dabei garantiert.
Hintergrund der Neuvergabe der Verkehrsleistungen ist die Insolvenz von Abellio NRW:
Der Betreiber befindet sich – wie alle Gesellschaften von Abellio Deutschland – in
einem Schutzschirmverfahren, seit dem 1. Oktober 2021 in einem Hauptverfahren in Eigenverwaltung.
Das Schutzschirmverfahren in Nordrhein-Westfalen wurde nach Angaben von Abellio notwendig,
nachdem in anderthalbjährigen Verhandlungen mit den Aufgabenträgern Anpassungen der
Verkehrsverträge vor dem Hintergrund massiver, extern verursachter Kostensteigerungen
nicht erreicht werden konnten. Zu den strukturellen Kostenproblemen im SPNV gehören
laut Abellio vorrangig hohe Personalkosten und Baustellenfolgekosten, die nicht ausreichend
von den Verkehrsverträgen gedeckt sind.
Die SPNV-Aufgabenträger hatten sich ihrerseits dazu bereit erklärt, Vertragsanpassungen
in den Bereichen Personalkosten, Baustellenmanagement und Pönalen vorzunehmen, um
Abellio nachhaltig zu entlasten. Voraussetzung hierfür sei jedoch eine finanzielle
Beteiligung der Abellio-Eigentümer gewesen, über deren Höhe keine Einigung erzielt
werden konnte. Abellio Deutschland ist ein Tochterunternehmen der niederländischen
Abellio Transport Holding B.V., die zur niederländischen Staatsbahn NS gehört.
Auch das Dieselnetz Sachsen-Anhalt, hier ein Abellio-Zug in Halberstadt, wird neu
ausgeschrieben.
Auch die anderen Abellio-Töchter in Deutschland verlieren schrittweise einen Großteil
ihrer Verkehre, wobei die Abellio Rail Mitteldeutschland GmbH in Halle (Saale) noch
vergleichsweise gut davonkommt: Der Betrieb des Saale-Thüringen-Südharz-Netzes (STS)
wird wie vereinbart bis Ende 2030 fortgeführt. Bereits 2023 wird hingegen der Vertrag
für das Dieselnetz Sachsen-Anhalt (DISA) beendet, die Leistungen werden 2022 neu ausgeschrieben.
Noch Ende 2021 sollen die Leistungen der Abellio Rail Baden-Württemberg GmbH in Stuttgart
von der landeseigenen Südwestdeutschen Landesverkehrs-GmbH (SWEG) übernommen werden.
Befahren werden die Stuttgarter Netze. Die Fahrzeuge gehören dem Land und können weiter
eingesetzt werden. Der Verkehr soll für zwei Jahre durchgeführt und neu ausgeschrieben
werden.
Der Betrieb der Westfalenbahn GmbH, eine weitere Abellio-Tochter mit Sitz in Bielefeld,
ist zunächst bis Ende März 2022 gesichert.
(red/pr)
|