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22.12.2017 • DB Arriva im Löwennetz
Seit dem Fahrplanwechsel am 11. Dezember 2016 erbringt DB Arriva den Nahverkehr auf
Schiene und Straße in der südniederländischen Provinz Limburg. Das für den Personenverkehr
im Ausland zuständige Tochterunternehmen der Deutschen Bahn AG hatte nach einer europaweiten
Ausschreibung im Juni 2015 den größten Verkehrsvertrag der Niederlande gewonnen. Das
Auftragsvolumen liegt bei über zwei Milliarden Euro, die Laufzeit beträgt 15 Jahre.
In Zusammenarbeit mit der Provinzregierung in Maastricht wurde ein integriertes, stark
erweitertes Verkehrskonzept auf die Beine gestellt, dessen Rückgrat 36 neu gelieferte
FLIRT des Herstellers Stadler bilden. Die neuen Elektrotriebzüge kommen mit zehn weiteren
Elektro- und Dieseltriebzügen des Typs GTW, die vom bisherigen Betreiber Veolia Transport
übernommen wurden, auf dem so genannten Limburgnet zum Einsatz, das von Nijmegen (in
der Provinz Noord-Brabant) im Norden über Kerkrade im Osten bis Maastricht im Süden
reicht. Ende 2018 kommt mit dem Liège-Maastricht-Aachen-Express (LIMAX) eine fünfte
Linie hinzu, für deren Betrieb acht der neuen FLIRT als Mehrsystemzüge ausgeführt
sind. Abgerundet wird das ÖPNV-Angebot durch ein auf den Zugverkehr abgestimmtes Busnetz
im Taktverkehr.
Elektrifizierung auf Schiene und Straße
Als Besonderheit des Verkehrsvertrags mit der Provinz Limburg wird DB Arriva die komplette
Zug- und Busflotte innerhalb der nächsten acht Jahre auf Elektrobetrieb umstellen.
Im Schienenverkehr wird bis 2020 die Maaslijn (Maas-Linie) von Nijmegen über Venlo
nach Roermond elektrifiziert, um hier die Dieseltriebwagen durch elektrische Triebzüge
ersetzen zu können. Die übrigen Strecken sind bereits elektrifiziert. Auch auf der
Straße ist DB Arriva schon elektrisch unterwegs: Zum Betriebsstart Ende 2016 standen
16 Elektrobusse des Herstellers VDL Bus & Coach bereit, die im Stadtverkehr von Maastricht
und Venlo fahren. Insgesamt wurden 260 neue Stadt- und Überlandbusse von VDL und Volvo
beschafft, 40 davon werden von einem Subunternehmer eingesetzt. Der Fuhrpark an Elektrobussen
soll kontinuierlich vergrößert werden, wobei zunächst die Stadtverkehre in Maastricht
und Venlo komplett auf Elektrobetrieb umgestellt werden. Auch die regionalen Buslinien
sollen künftig nur noch mit emissionsfreien Fahrzeugen betrieben werden.
Ein Großteil der neuen Stadler-FLIRT ist bereits im Einsatz. Die Flotte besteht aus
15 zwei- und 13 dreiteiligen Einheiten, die für das niederländische Gleichstromnetz
mit einer Spannung von 1500 Volt ausgelegt sind, sowie acht dreiteiligen Mehrsystemzügen,
die in den Niederlanden, in Deutschland (15 Kilovolt, 16,7 Hertz Wechselstrom) und
Belgien (3000 Volt Gleichstrom) fahren können. Die 15 Zweiteiler mit den Nummern 450
bis 464, die über vier Doppeltüren pro Fahrzeugseite verfügen, sind seit Ende 2016
unterwegs, die Mehrsystemzüge 550 bis 557 (mit fünf Türen pro Seite) sollen im Lauf
des Jahres 2018 in Betrieb gehen. Bis 2020 folgen die 13 dreiteiligen Einsystem-FLIRT
558 bis 570 (mit drei Türen pro Seite), mit denen die Dieseltriebzüge auf der Maaslijn
abgelöst werden. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt 160 Stundenkilometer, für Mehrfachtraktionen
verfügen die Züge über Voith-Scharfenberg-Kupplungen.
Erst auf den zweiten Blick ist zu erkennen, dass der ÖPNV in der Provinz Limburg von
DB Arriva erbracht wird. Bahnen und Busse sind nicht im bekannten Arriva-Türkis lackiert,
sondern in Dunkelblau, Gelb und Weiß, den Farben des Limburger Wappens. Auf jedem
Fahrzeug prangt zudem leuchtendrot das gekrönte Wappentier, der Limburger Löwe.
Für den Busverkehr beschaffte DB Arriva niederflurige Fahrzeuge vom Typ VDL Citea
in unterschiedlichen Längen. In der Provinzhauptstadt Maastricht konnte zum Betriebsstart
Ende 2016 mit der Linie 3 Wolder – Nazareth eine komplette Verbindung auf elektrischen
Betrieb umgestellt werden, in Venlo erbringen zwölf Elektrobusse einen Großteil des
Stadtverkehrs. In Maastricht kommt der VDL Citea Low Floor Electric in einer zwölf
Meter langen Variante zum Einsatz. Geladen werden die Busse über Nacht im Depot sowie
zwischen zwei Fahrten an einer Ladeeinrichtung an der Endhaltestelle Nazareth. Auf
den regionalen Linien werden auch Low-Entry-Busse vom Typ 8900 des Herstellers Volvo
eingesetzt, auf den Bürgerbuslinien Minibusse auf Basis des Mercedes-Benz Sprinters.
Integriertes Verkehrsangebot
Rund 1,1 Millionen Menschen leben in der Provinz Limburg, 120.000 davon in Maastricht.
Im Süden dominieren die Verkehre im Städtedreieck Maastricht-Heerlen-Sittard, hinzu
kommen die Pendlerströme in Richtung Aachen und Liège. Das integrierte Bahn- und Busangebot
wurde von DB Arriva gemeinsam mit der Provinz Limburg als Aufgabenträger im Rahmen
der finanziellen Möglichkeiten gestaltet. Die Fahrpläne von Schiene und Straße wurden
im neuen Limburgnet vertaktet und aufeinander abgestimmt. Auf den Bahnlinien S1 (Nijmegen
– Venlo – Roermond), S2 (Maastricht – Sittard – Roermond) und S3 (Sittard – Heerlen
– Kerkrade Centrum) wird täglich im Halbstundentakt gefahren, hinzu kommen Verdichterzüge
zu den Hauptverkehrszeiten. Die Linie S4 (Maastricht – Heerlen) wird täglich sogar
von vier Zügen pro Stunde und Richtung befahren, wobei jeder zweite Zug ein Schnellzug
ist, der nur an den wichtigsten Stationen hält. Spätabends kommt alle 30 Minuten ein
Zug.
Zum Fahrplanwechsel Ende 2018 soll der LIMAX starten, ein grenzüberschreitender Schnellzug
zwischen Liège-Guillemins, Maastricht, Heerlen, Herzogenrath und Aachen, der täglich
im Halbstunden- und Stundentakt unterwegs ist. Im Liniennetz von DB Arriva wird der
Zug als S5 geführt. Die Fahrtzeit zwischen Maastricht und Aachen soll unter einer
Stunde liegen. Zwischen Liège und Maastricht ergänzt der LIMAX das bestehende IC-Angebot,
von Maastricht nach Heerlen wird er in Fahrplanlage der heutigen Schnellzüge der Linie
S4 verkehren, und zwischen Heerlen und Herzogenrath ersetzt er die Regionalbahn 20.
Die Fahrt von Maastricht nach Aachen wird nicht nur schneller, sondern auch bequemer,
da das zweimalige Umsteigen in Heerlen und Herzogenrath entfällt. In Aachen wird der
LIMAX gute Anschlüsse in Richtung Köln haben, in Heerlen an die Linie S3 sowie an
den IC der Niederländischen Staatsbahn (NS) in Richtung Eindhoven.
Auf der Straße konzentrieren sich die regionalen Linienverkehre auf die aufkommensstarken
Relationen, wo täglich mindestens halbstündlich bis stündlich ein Bus kommt. Auf der
grenzüberschreitenden Linie 350 Maastricht – Gulpen – Aachen wird an Werktagen beispielsweise
viertelstündlich gefahren, an Sonn- und Feiertagen halbstündlich. Anstelle von überdimensionierten
Linienbussen kommen nun Rufbusse, Bürgerbusse und ÖPNV-Linientaxis, die ebenfalls
nach einem festen Fahrplan verkehren, meist aber nur bei Bedarf fahren und teilweise
von ehrenamtlichen Fahrern gesteuert werden. Ergänzt wird das Angebot durch ÖPNV-Shuttles,
die die Fahrgäste einmal stündlich vom Ortszentrum zur nächsten Bahn- oder Busstation
bringen, sowie spezielle Abendbusse (Avondvlinder), mit denen die Fahrgäste bis vor
die Haustür gebracht werden.
Alle Leistungen aus einer Hand
Dass ein Aufgabenträger die Bahn- und Busverkehrsleistungen einer Region komplett
an nur einen Anbieter vergibt, ist europaweit (noch) eher unüblich. Für den Fahrgast
hat das Vorteile: Die Fahrpläne von Bahn und Bus sind aufeinander abgestimmt, es gibt
nur einen Ansprechpartner (und nur eine Service-App) für alle Verkehrsmittel, und
der Betreiber hat genügend Zeit, sein Angebot zu entwickeln und zu optimieren. Für
Ende 2017 hatte DB Arriva erste Änderungen angekündigt, beispielsweise die Umstellung
weiterer nur gering ausgelasteter Buslinien auf bedarfsgerechte Angebote. Das so eingesparte
Geld kann an anderer Stelle für den Nahverkehr eingesetzt werden.
Zu bemängeln gibt es nicht viel. In den Hauptverkehrszeiten scheint die Sitzplatzkapazität
der zweiteiligen FLIRT etwas knapp bemessen zu sein, mitunter müssen Fahrgäste stehen.
Klappsitze neben den Türen sind keine gute Lösung, ein- und aussteigende Fahrgäste
werden durch sitzende Passagiere behindert. Ausgerechnet die Bürgerbusse, die gerade
für ältere bzw. mobilitätseingeschränkte Fahrgäste eine wichtige Alternative zu Auto
oder Fahrrad darstellen, sind hochflurig ausgeführt – das wirkt wenig durchdacht,
zumal auf dem Markt eine Vielzahl von niederflurigen Modellen erhältlich ist.
Einer der größten Anbieter
Arriva Limburg beschäftigt rund 1100 Mitarbeiter, darunter 750 Busfahrer und 170 Lokführer.
Täglich werden zirka 700 Bahn- und 4500 Busverbindungen angeboten, an Wochentagen
100.000 Fahrgäste befördert. In den Niederlanden ist DB Arriva einer der größten Anbieter
im Öffentlichen Personenverkehr. Rund 6000 Mitarbeiter sind in elf von zwölf Provinzen
des Landes im Einsatz und betreiben 1550 Busse, 147 Züge und 13 Wassertaxis. Erst
im Juli 2017 hatte die Bahn-Tochter erneut die Schienenverkehre auf den »Nördlichen
Linien« gewonnen. Europaweit ist Arriva in 14 Ländern mit rund 60.000 Mitarbeitern
aktiv und befördert über 2,2 Milliarden Fahrgäste pro Jahr.
Den kompletten Artikel lesen Sie in Regionalverkehr 01/2018.
Erscheinungstag: 27.12.2017
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