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28.02.2013 • Im ÖPNV-Himmel
Zwischen den Bahnhöfen Brilon Wald und Brilon Stadt liegen gerade einmal acht Kilometer
Schienenstrecke. Oder – je nach Sichtweise – Welten. Der Bahnhof Brilon Wald liegt
an der Oberen Ruhrtalbahn Dortmund – Bestwig – Warburg (Westf) und ist – als Umsteigestation
zu den Zügen nach Korbach Süd und Brilon Stadt – ein Schandfleck. Das ehemals stattliche
Empfangsgebäude steht leer und ist dem Verfall preisgegeben. Die Fußgängerunterführung
zu den Bahnsteigen ist ein ebenso finsteres wie feuchtes Urinal, der Fußboden mit
Abfällen bedeckt. Ausgetretene Stufen führen hinauf zu den Bahnsteigen. Die ihre besten
Zeiten auch schon etwas länger hinter sich haben: Der Bodenbelag ist uneben, und durch
die Wartehäuschen, aus denen die meisten Scheiben herausgeschlagen sind, pfeift der
Wind.
Die Fahrt in einem der modernen Triebwagen der Baureihe 640 von DB Regio hinauf nach
Brilon Stadt dauert nur acht Minuten. Und führt aus der Bimmelbahnhölle direkt in
den ÖPNV-Himmel. Der neue Bahn-Bus-Umsteigeknoten Brilon Stadt wurde Ende 2011 eröffnet,
die seit über 30 Jahren nur noch von Güterzügen befahrene Nebenbahn im Personenverkehr
reaktiviert. Entstanden ist eine barrierefreie Station der kurzen Wege: Vom Zug zum
Bus, zum Pkw oder zum Fahrrad sind es nur wenige Meter.
Bereits am 3. September 2009 hatte der Zweckverband SPNV Ruhr-Lippe (ZRL), Mitglied
des Aufgabenträgers Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL), beschlossen, den Streckenabschnitt
Brilon Wald – Brilon Stadt wieder für den Personenverkehr zu öffnen und in das Sauerland-Netz
einzubinden. Am 6. September 2011 wird der erste Spatenstich für den neuen Stadtbahnhof
gesetzt. In wenigen Monaten errichtet die DB Station & Service AG 250 Meter nördlich
des alten Empfangsgebäudes einen 110 Meter langen und 76 Zentimeter hohen Bahnsteig.
Mit behindertengerechter Ausstattung (Blindenleitstreifen), Beleuchtung, Fahrgastinformationszeige
und weiteren Ausstattungen werden insgesamt 504.000 Euro verbaut. Finanziert wird
dieser Betrag aus Mitteln des Landes Nordrhein-Westfalen. Gleichzeitig entsteht unmittelbar
neben dem neuen Bahnsteig ein Busbahnhof mit vier Haltebuchten, der aus nördlicher
und südlicher Richtung angefahren werden kann. Zwischen den Bussteigen ist Raum für
20 Park-and-ride-Plätze und einen Buswarteplatz. Am südlichen Ende der Anlage werden
überdachte Fahrradständer errichtet, am nördlichen Ende eine WC-Anlage. Auf dem kombinierten
Bahn-Bus-Steig, an dem zwei Busse gleichzeitig hintereinander halten können, bietet
ein verglaster Unterstand mit Ticketautomat und Infovitrinen Schutz vor Regen und
Schnee. Die Kosten für den Busbahnhof belaufen sich auf rund 1,24 Millionen Euro.
Davon übernimmt der NWL rund 1,04 Millionen Euro aus ÖPNV-Infrastruktur-Fördermitteln,
die Stadt Brilon leistet rund 200.000 Euro. Die Reaktivierung der Strecke Brilon Wald
– Brilon Stadt erfolgt durch DB Netz und kostet knapp 1,19 Millionen Euro.
Die neue Verkehrsdrehscheibe wird pünktlich zum Fahrplanwechsel am 11. Dezember 2011
eröffnet. Am neuen Umsteigebahnhof gefallen die kurzen Wege und das weitgehend stimmige
Umfeld. Bereits 2008 sind die umfangreichen, nicht mehr genutzten Gleisanlagen des
Bahnhofs Brilon Stadt auf das Strecken- und ein Umsetzgleis reduziert worden. Auf
der frei gewordenen Fläche entsteht ein Einkaufszentrum, sodass der Bahnhof im Mittelpunkt
der täglichen Verkehrsströme liegt. Die Bussteige sind mit dem in der Region weit
verbreiteten Kasseler Sonderbord des Herstellers Profilbeton ausgestattet, sodass
die Busfahrer dicht an die Kante heranfahren können, ohne die Reifen zu beschädigen.
Werden die Busse abgesenkt, ist ein nahezu stufenfreier Einstieg möglich.
Die Kritikpunkte sind überschaubar: Der Unterstand auf dem Kombibahnsteig ist zu klein,
trocken kommen die Reisenden nicht vom Zug zum Bus. Zurzeit werden auch noch die falschen
Fahrzeuge eingesetzt: Die Fußbodenhöhe der Baureihe 640 ist niedriger als der Bahnsteig,
sodass Rollstuhlfahrer nur mit einer Rampe einsteigen können. Neue Schienenfahrzeuge
könnten ab Ende 2016 zum Einsatz kommen: Im Oktober 2012 haben der NWL, der Verkehrsverbund
Rhein-Ruhr (VRR) und der Nordhessische VerkehrsVerbund (NVV) die Leistungen im so
genannten Sauerland-Netz für zwölf Jahre in zwei Losen ausgeschrieben. Das Leistungsvolumen
insgesamt entspricht mit zirka 5,6 Millionen Zugkilometern dem heutigen Umfang.
Den kompletten Artikel lesen Sie in Regionalverkehr 2/2013.
Erscheinungstag: 28.02.2013
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